top of page

„Internet der Dinge“: Innovative Technologien und Anwendungen für Marketing, Vertrieb und Service
 

Am 21.04.2016 veranstaltete die Wissenschaftliche Gesellschaft für innovatives Marketing (WiGIM) e.V. den 7. Deutschen Marketing-Innovations-Tag zum Thema „Internet der Dinge“: Innovative Technologien und Anwendungen für Marketing, Vertrieb und Service im Marmorsaal des Presse-Clubs in Nürnberg. Kompetente Referenten aus Wissenschaft und Praxis nahmen zu diesem Thema Stellung, um mit den 70 Teilnehmer/-innen über Chancen und Herausforderungen zu diskutieren, die sich durch das Internet der Dinge (IoT) für Marketing, Vertrieb und Service ergeben.

Prof. Dr. Andreas Fürst (Präsident der WiGIM) eröffnete den 7. Deutschen Marketing-Innovations-Tag mit einem kurzen Überblick über die Besonderheiten des Internet der Dinge und stellte die wichtigsten Anwendungsfelder des Internet der Dinge vor. Hierzu gehöre beispielsweise der Konsumgüterbereich sowie die Infrastruktur, Fertigung und Logistik, Gesundheitsbranche und Landwirtschaft. Für die Bereiche Marketing, Vertrieb und Service ergäben sich speziell in der Marktforschung neue Möglichkeiten, da Kundendaten aus der natürlichen Umgebung des Nutzers ausgewertet werden können. Weiterhin verändere das Internet der Dinge vorhandene Geschäftsmodelle, indem exakte Nutzungsdaten für neue Preismodelle (z.B. „Pay-as-you-drive-Versicherungen“) verwendet werden können oder herkömmliche Produkte zu Dienstleistungen verschmelzen.

Digitale Transformation als Schlüssel der Zukunft

Im ersten Vortrag der Tagung mit dem Titel „Entwicklungstrends im Internet der Dinge“ beleuchtete Prof. Dr. Maximilian Röglinger (Inhaber der Professur für Wirtschaftsinformatik und Wertorientiertes Prozessmanagement, Universität Bayreuth / Fraunhofer FIT) zunächst aus wissenschaftlicher Sicht neue Technologien, die gegenwärtige Geschäfts- und Wertschöpfungsmodelle grundlegend verändern könnten. Anschließend stellte er Handlungsfelder vor, in denen die Digitalisierung zielgerichtetes Handeln erfordern würde. Im Zentrum der Digitalen Transformation stünden smarte Produkte & Dienstleistungen, die es Unternehmen ermöglichten, sich vom reinen Produkthersteller zum Dienstleistungsanbieter zu entwickeln. Das Internet der Dinge stelle hierbei eine Schlüsseltechnologie dar und bilde die Grundlage für innovative Interaktionen zwischen Dingen, Unternehmen und Kunden. Anschließend zeigte er auf, wie sich Business-to-Thing-Interaktionen (B2T) in sechs grundlegende Interaktionsmuster klassifizieren lassen. Seinen Vortrag beendete Prof. Dr. Röglinger, indem er anhand des Business Model Canvas die zentralen Schlüsselfaktoren aufzeigte, die sich durch das Internet der Dinge für Unternehmen ergäben.

Wolfgang Baierl (Coordinator IoT Bosch Power Tools) veranschaulichte zu Beginn seines Vortrags „Internet der Dinge – Anwendungen im B2B- und B2C-Bereich“, dass die Anzahl der vernetzten Geräte in der Zukunft stark zunehmen werde. Aufgrund der vorhanden Infrastruktur und der technischen Möglichkeiten ließen sich vernetzte Geräte anbieten, die zuvor an den Kosten oder dem Geschäftsmodell gescheitert wären. Anhand eines Beispiels aus dem Bereich „Smart Gardening“ stellte er die Entwicklung eines autonomen Rasenmähers zu einem vernetzten Roboter-Rasenmäher unter Berücksichtigung der Kundenwünsche vor. Als Herausforderung im Internet der Dinge sieht Wolfgang Baierl die veränderten Erwartungshaltungen an den Kundenservice, da der Kunde zunehmende Funktionalitäten und höhere Serviceansprüche erwarte. Um diese gesteigerte Erwartungshaltung über die gesamte Consumer Journey zu bedienen, biete es sich an ein Eco-System anzubinden, in dem z.B. e-Shops integriert werden. Anschließend stellte er der die Bedeutung des Internet der Dinge im B2B-Bereich anhand des Anwendungsbereichs „Digitale Baustelle“ heraus. Heutzutage bestehe die Möglichkeit, Werkzeuge und Geräte durch das Internet der Dinge zu vernetzen und mit der Bosch-Applikation „Track my Tools“ räumlich zu lokalisieren und aufzufinden. Die Wertschöpfung von Handwerkern könne damit durch eine effizientere Arbeitsweise gesteigert und schließlich ein zusätzlicher Mehrwert für den Endkunden generiert werden.

 

Potential und Gefahren einer zunehmenden Vernetzung

Ingo Notthoff (Head of Marketing, T-Systems Multimedia Solutions) stellte in seinem Vortrag „Marketing im Zeitalter des Internet der Dinge: Wer trifft die Entscheidung – Mensch oder Maschine?“ den zunehmenden Vernetzungsgrad zwischen Produkten anhand von Beispielen aus den Bereichen Gesundheit, Handel, Fahrzeuge und Connected Home vor. Besonders betonte er dabei das hohe Potential von IoT-Lösungen für Unternehmen. Als eine der größten Herausforderungen sehe er das Thema Datenschutz bzw. -management. Weiterhin fordere er eine Entscheidung bezüglich der globalen einheitlichen Verwendung von Kundendaten, da ansonsten aufgrund unterschiedlicher Datenschutzbestimmungen ein ungleicher Wettbewerb zwischen deutschen und amerikanischen Unternehmen entstehe. Abschließend appellierte er an die anwesenden Marketing-Verantwortlichen, die Digitalisierung proaktiv anzugehen und das Marketing und entsprechende Systeme zu digitalisieren, um so die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft zu legen.

Anschließend setzte sich Andreas Kressibuch (Busines Director, Noser Engineering) in seinem Vortrag „IoT wird Wirklichkeit – Mit Sicherheit” vertieft mit dem Thema Sicherheit im Umfeld des IoT auseinander. Um die unternehmerischen Chancen im IoT-Zeitalter nutzen zu können, müssten Unternehmen Ihre Produkte zunächst mit Sensoren und Konnektivität ausstatten. Mit Hilfe IT-basierter Dienstleistungen könne so ein Nutzen für den Kunden und Hersteller entstehen. Voraussetzung hierbei sei, dass nicht nur die Datensicherheit gewährleistet ist, sondern auch der angebotene Service sicher genutzt werden kann. Die hierfür erforderlichen hard- und softwaretechnischen Lösungen stünden bereits zur Verfügung, würden von Unternehmen bisher jedoch zu wenig beachtet. Notwendig sei daher sich Gedanken über den Wert des Produktes und Services zu machen und welche Sicherheitskriterien (z.B. Vertraulichkeit, Integrität, Verfügbarkeit) hierfür eine Rolle spielen.
 

Entwicklung von IoT in verschiedenen Branchen


Dr. Peter Goetz (President Europe, BSH Hausgeräte) gab in seinem Vortrag Einblicke in die „Entwicklungspfade des IoT in der Hausgeräte-Industrie“. Die wichtigsten IoT-Treiber in der Hausgeräte-Industrie seien die Marktpenetration digitaler Geräte, die erhöhte Konsumenten-Akzeptanz, die erhöhte Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit durch innovative Technologien und einheitliche Standards, sowie das Angebot neuer Geschäftsmodelle. Im Rahmen neuer Geschäftsmodelle könne das IoT dazu beitragen, dass der Kundenkontakt intensiviert und das Produktinteresse außerhalb der Kaufphasen von Hausgeräten wie Waschmaschinen oder Backöfen erhöht wird. Die BSH Hausgeräte betrachte außerdem die komplette Consumer Journey, um optimal auf die Kundenbedürfnisse einzugehen und um herauszufinden, an welchen Stellen eine Konnektivität mit dem Gerät und zwischen den Geräten einen zielgruppenrelevanten Mehrwert für den Konsumenten schafft. Am Beispiel der „Home Connect“-Plattform verdeutlichte er die Möglichkeit der Konnektivität zwischen und mit verschiedenen Hausgeräte-Lösungen. Erfolgsentscheidend sei dabei die Entwicklung zielgruppenrelevanter Mehrwerte. Als Vision beschrieb er eine nahtlose Vernetzung aller Geräte im Smart Home, die allerdings nur durch eine herstellerübergreifende Integration erreicht werden könne.


Im Anschluss referierte Dr.-Ing. Christian Rusch (System Development, CLAAS Gruppe) über das Thema „Smart Farming Welt: IoT Anwendungsbereich“. Zum Einstieg beschrieb er den Entwicklungspfad vom Maschinenhersteller zum zukünftigen Anbieter von Prozesslösungen. Im Gegensatz zu anderen Branchen sei IoT kein neuer Begriff in der Landwirtschaft, da viele Maschinen bereits standardmäßig mit Telemetriesystemen ausgestattet wären. Anhand von ausgereiften IoT-Services solle beim Landwirt ein Mehrwert generiert werden, indem er seine Prozesse schneller, einfacher und kostengünstiger realisieren könne. Für den Maschinenhersteller würde die Vernetzung eine stärkere Einbindung in den Kundenprozess mit sich bringen. Auf dem Weg zur Umsetzung wären jedoch noch technische Herausforderungen zu berücksichtigen, wie die heterogenen Maschinenflotten, die geringe Netzabdeckung in ländlichen Gebieten, die weltweiten Verfügbarkeiten von Frequenzen und Standards, sowie die sichere Kommunikation.

Bernd Hirschle (Managing Director, Accenture Products Industrial Equipment) stellte in seinem Vortrag „Transformation von Geschäftsprozessen durch das IoT“ vor, wie Digitalisierung zur Transformation von Geschäftsprozessen beitrage. Ziel sei es, mit Hilfe des IoT ein digitales Geschäft zu schaffen, in dem eine digitale Kundenbeziehung gepflegt und eine digitale Wertschöpfung im Unternehmen angewendet werde. Anhand eines Beispiels aus der Automobilbranche zeigte er auf, welches EBITDA-Potenzial durch IoT generiert werde könne, wenn ein Unternehmen konsequent auf Digitalisierung setze. Anschließend zeigte er Ansatzpunkte für den Einsatz von IoT in den Bereichen Marketing, Vertrieb und Service auf. Er wies kritisch darauf hin, dass zu viele Unternehmen in technische Lösungen und Geschäftsprozesse investierten, ohne nachhaltige Einkommensströme zu generieren.

Im Fokus des letzten Vortrages von Dr. Robert Martignoni (Senior Business Development Manager, Autoscout 24) „A Lean Approach to Connected Car Business Models" stand die Frage, wie innerhalb möglichst kurzer Zeit möglichst viele Geschäftsmodelle in einem Unternehmen implementiert werden können. Dabei helfe der Lean-Startup-Ansatz, der eine Produktentwicklung beschreibt, die mit möglichst wenig Kapital erfolgt. Zentrale Elemente seien ein konkretes Kunden-Feedback, Learning-By-Doing und ein frühzeitiger Produkt-Launch. Anhand von Kunden-Feedback könnten Produkte frühzeitig als Flop erkannt und aus dem Markt genommen werden oder an die Bedürfnisse des Marktes angepasst werden.

Zum Ende der Tagung rundete Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Diller die Veranstaltung mit den Key Findings zum Internet der Dinge ab: Das Internet der Dinge besitze die Möglichkeit erheblicher Umsatzsteigerungen. Unternehmen, die diese Entwicklung verpassen, entgingen erhebliche Umsatzpotenziale. Daher sei es notwendig, digitale Technologien einzusetzen, um intern die Wertschöpfungskette zu verbessern und extern die Kundenerfahrung auszuweiten und so neue Geschäftsmodelle anbieten zu können. Der Kunde stelle einen zentralen Aspekt im Rahmen der Digitalisierung von Prozessen und der Gestaltung von vernetzen Produkten und Dienstleistungen dar. Im Produktentwicklungsprozess sei es wichtig, eng und frühzeitig mit dem Kunden zusammenzuarbeiten und seine Bedürfnisse und Anforderungen einzubinden. Durch die gezielte Integration des Kunden könne sich ein Unternehmen vom Hardware-Anbieter zum Anbieter von Prozesslösungen entwickeln. Eine erhebliche Rolle spiele die von vernetzten Geräten gewonnenen Daten und die damit verbundene Nutzung der Daten. Die Datensicherheit sei hierbei ein essentieller Faktor für eine breite Kundenakzeptanz, die u.a. durch einen Server-Standort in Deutschland gewährleistet werden könne. Zuverlässige Datensicherheit und vor allem gutes Datenmanagement könne einen Wettbewerbsvorteil darstellen. Als kritisch für den Erfolg des Internet der Dinge erschienen Ökosysteme, in die die vernetzten IoT-Lösungen eingebunden werden. Die Vision der Vernetzung sei dabei eine nahtlose Zusammenarbeit der Geräte, z.B. im Smart Home. Abzuwarten bleibe, ob sich offene Ökosysteme durchsetzen, die auch für Geräte anderer Hersteller zugänglich sind, oder geschlossene Systeme, die ausschließlich Geräte eines Herstellers vernetzen.

Die Vorträge und Diskussionen der Tagung haben gezeigt, dass das Internet der Dinge einen wichtigen Schlüssel für das digitale Marketing darstellt. Für Verantwortliche in Marketing, Vertrieb und Service ist es daher erforderlich, sich intensiv mit dem Thema auseinander zu setzen und Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen, die zu einer gesteigerten Wertschöpfung führen, frühzeitig zu erkennen.

 

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals herzlich bei den Sponsoren des 7. Deutschen Marketing-Innovations-Tages bedanken

7. Tagung

Sponsoren Tagung1.PNG
bottom of page