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„Alles für und mit dem Kunden?! Innovative Ansätze zum partizipativen Management von Produkten, Dienstleistungen und Marken“
 

Am 23.10.2014 veranstaltete die Wissenschaftliche Gesellschaft für innovatives Mar­keting (WiGIM) e.V. den 4. Deutschen Marketing-Innovations-Tag zum Thema „Alles für und mit dem Kunden?! Innovative Ansätze zum partizipativen Management von Produkten, Dienstleistungen und Marken“ im Marmorsaal des Presse-Clubs in Nürnberg. Kompetente Referenten aus Wissenschaft und Praxis nahmen zu diesem Thema Stellung und zeigten bisher gemachte Erfahrungen im Bereich des partizipativen Managements auf. Die 80 Teilnehmer/-innen nutzten die Veranstaltung insbesondere, um über die Entwicklung und Herausforderungen des partizipativen Managements sowohl im B2C, also auch im B2B-Kontext zu diskutieren, sowie Einblicke in die Gestaltung und Umsetzung partizipativer Ansätze zu gewinnen.

Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Diller (Vize-Präsident der WiGIM) eröffnete den 4. Deut­schen Marketing-Innovations-Tag mit der Begrü­ßung der Teilnehmer und einer kurzen Einführung in die Thematik. Er ging dabei insbesondere auf die Systematik des partizipativen Marketing sowie dessen Bedeutung für die Erreichung wichtiger Managementziele ein. Danach über­gab er das Wort an Prof. Dr. Andreas Fürst (Inhaber des Lehrstuhls für Marke­ting, Universität Erlangen-Nürnberg und Präsident der WiGIM) für einen ein­leiten­den Vortrag zum Thema „Die Einbindung des Kunden in das Marketing: Wissenschaftliche und praktische Einblicke“. Hier stellte Prof. Fürst zunächst markt- und unternehmensseitige Treiber für die Integration des Kunden in Marketingaktivitäten vor, bevor er auf ausgewählte Beispiele aus Theorie und Praxis in den Bereichen Produkt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik verwies. Es wurde deutlich, dass partizipatives Marketing neben Chancen wie der Intensivierung von Kundenbeziehungen oder der Steigerung des Umsatzes durch eine höhere Kunden- und Innovationsorientierung, auch Risiken birgt, die zu schwer kontrollierbaren negativen Effekten oder sogar zur Schädigung der Marke führen können.

Fokus auf interaktiver Wertschöpfung

Anschließend stellten PD Dr. Angela Roth (Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Universität Erlangen-Nürnberg/ Fraunhofer SCS)  und Dr. Stefan Thallmaier (Chief Commmercial Officer, selve AG) in ihrem Vortrag „Partizipative Kunden im Spannungsfeld online-offline: Der Anwendungsfall JOSEPHS© - Die Service Manufaktur“  innovative Konzepte vor, die den Fokus auf die interaktive Wertschöpfung durch individuelle Mitgestaltung von Konsumenten richten. In einem offenen Innovationslabor, mit Werkstatt, Konferenz- und Workshop-Räumen, können Unternehmen und Wissenschaftler hier Kenntnisse über die Kundenwahrnehmung in Bezug auf Produkte, Preise oder auch Kommunikationsmaßnahmen erlangen und ein frühzeitiges Feedback von (potenziellen) Kunden erhalten. So war die Teilnahme im JOSEPHS© für die selve AG, die vom Kunden individualisierte Schuhe anbietet, ein wichtiger Schritt, um die Rolle des Kunden im Co-Design-Prozess noch besser zu verstehen.

Claudia Barghoorn (Head of Division Marketing & Communication, Cortal Consors BNP Paribas) zeigte in ihrem Vortrag “Partizipatives Management – Das Beispiel Cortal Consors“, dass auch Banken neue Trends mit dem klassischen Angebot kombinieren können und sollten, um „Customer Experience“ zu schaffen. Im Rahmen einer beeindruckenden Co-Creation-Kampagne gelang es Cortal Consors auf die Vielschichtigkeit veränderter Kundenbedürfnisse einzugehen und digitale Nähe durch die Einbindung von Kunden über verschiedene Kanäle aufzubauen. Nach der Durchführung einer Online-Befragung wurden diversifizierte Teams zusammengestellt, die in Workshops innovative Ansätze für Bankdienstleistungen entwickelten. Zusätzlich konnte eine Online-Community täglich über die während der Kampagne erarbeiteten Ideen abstimmen. Eines der sechs finalen Ergebnisse ist die sogenannte „Stimme des Kunden“ oder „Customer Voice“. Hierbei handelt es sich um ein soziales Netzwerk auf der Website von Cortal Consors, in dem über Finanzprodukte diskutiert wird und Kundenrezessionen eingesehen werden können.

Nachfolgend referierte Norbert Eder (Leiter Unternehmenskommunikation, valuephone GmbH) über „Mobile Customer Engagement: Mobile Partizipationsmöglichkeiten des Kunden über das Payment hinaus“. Er ging in seinem Vortrag auf die Bedeutung mobiler Technologien für die Interaktion mit dem Kunden ein. So führt das veränderte Konsumverhalten dazu, dass Kunden immer und überall über Produkte informiert sein wollen und zudem „smarter“ shoppen wollen. Die valuephone GmbH entwickelt deshalb Plattformlösungen für die mobile Kundenbindung und das Mobile Payment, die insbesondere im Einzelhandel zum Einsatz kommen. Herr Eder sieht den Kaufprozess hier als eine „Customer Journey“, in der das „Customer Engagement“ eine große Rolle spielt. Der Konsument soll hier zum Prosument werden, der mitgestaltet, bewertet und empfiehlt. Dieses partizipative Handeln birgt zwar eine höhere Komplexität, bietet aber gleichzeitig enorme Chancen und Möglichkeiten, mobile Lösungen zusammen mit dem Kunden zu entwickeln, um somit Usability und Design im Sinne des Kunden sicherzustellen.

Kundenpartizipation als Leitgedanke

In seinem Vortrag „Partizipatives CRM: Von Transaktion zu Interaktion“ thematisierte André Lutz (Geschäftsführer, defacto kreativ GmbH) die Entwicklungsstufen des Customer Relationship Managements und gab Einblicke, wie partizipatives CRM umgesetzt werden kann. Laut Herrn Lutz erfordert die Entwicklung neuer Touchpoints entlang der „Customer Journey“ eine entsprechende Adaption der Kommunikationsmaßnahmen eines Unternehmens. Die reine Produktkommunikation sei zu selten relevant. Deshalb gilt es, den Kunden durch Interaktion zu involvieren. Gemäß des Leitgedankens „Get to give“ sollte der Kunde entsprechend dem Wert der preigegebenen Informationen (z.B. seine Nutzungsdaten, seine Empfehlungen oder sein Feedback) mit Informations-, Status-, Service- oder finanziellen Vorteilen belohnt werden. Dabei gibt es verschiedene Formen des partizipativen CRMs: Partizipation kann beispielsweise durch User Generated Content, implizite oder explizite Empfehlungen, Produktweiterentwicklungen, Crowdsourcing oder sogar durch Spenden von Userdaten für wohltätige Zwecke stattfinden. Hierdurch ist es Unternehmen möglich, weitere wertvolle Kundendaten zu gewinnen, von einer größeren Konsumentenreichweite zu profitieren und den Kunden als Markenbotschafter einzusetzen.

Abschließend ging Dr. Nikolai Reynolds (Head of Ipsos InnoQuest/Ipsos Health Care RX Ipsos Marktforschung GmbH) auf die „Partizipative Innovationsmarktforschung im B2B Social Media Sektor“ ein. Dabei charakterisierte er die Entwicklung von Social Media und Partizipation im B2B-Bereich und stellte heraus, dass gerade in diesem Sektor Partizipation ein Kernelement für die Realisierung einer Innovation sei. Anhand der Beispielstudie „Wer liefert was?“ zeigte er auf, welche Fragestellungen in der Marktforschung berücksichtigt werden sollten, um ein effizientes Einkäufernetzwerk auf Basis einer Social Media-Plattform aufbauen zu können. In diesem Zusammenhang betonte Dr. Reynolds, dass die Bildung von Vertrauen in Social Media-Maßnahmen durch das Schaffen entsprechender Rahmenbedingungen essenziell sei, um allen Nutzern gleichermaßen einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten und diese langfristig an die Marke zu binden. Er empfiehlt deshalb, die Vorteile der Partizipation klar zu kommunizieren sowie die Nutzer von Anfang an einzubinden.

Abschließend rundete Prof. Diller die Veranstaltung mit den Key Findings ab: Partizipatives Marketing ist ein interessantes Marketingkonzept für Konsumgüterunternehmen und auch Dienstleister, da hierdurch nicht nur die Kundenbindung erhöht sowie ein innovatives und fortschrittliches Image gestärkt werden kann, sondern auch verkrustete Ideenstrukturen in Unternehmen aufgebrochen werden. Dieses Konzept ist aber nicht generell zu empfehlen, sondern sollte zunächst streng anhand verschiedener Voraussetzungen geprüft werden: Um eine optimale Integration des Kunden zu gewährleisten, sollte es sich insbesondere im B2C-Bereich um ein Produkt mit Erlebnischarakter handeln, bei dem ein gewisser Mitgestaltungswille, sowie -vermögen seitens der Kunden vorhanden ist. Zudem ist es von Vorteil, wenn bereits eine positive Markenanhängerschaft vorhanden ist. Beim Management des partizipativen Marketing ist es notwendig, Prozesse transparent zu gestalten und Geheimhaltung zu vermeiden. Allen voran sollten Kunden vorab keine Versprechungen bezüglich der Umsetzung ihrer Ideen gegeben werden, die im Nachhinein nicht eingehalten werden können. Die Referenten zeigten durch ihre Vorträge, dass partizipatives Marketing auf unterschiedlichen Wegen realisiert werden kann und somit viel Spielraum für die eigene Kreativität vorhanden ist. In diesem Zusammenhang kann es sich auch lohnen auf professionelle Beratungen zurückzugreifen, die die partizipativen Marketingmaßnahmen unterstützen. Schließlich betonte Prof. Diller die Bedeutung von Kunden in diesem Prozess, die als partizipative Akteure, Empfehlungen und Daten preisgeben, die als neue „Währung“ für das Marketing gesehen und genutzt werden können. Aus diesem Grund sei es besonders wichtig, Kunden von Anfang an einzubeziehen, und somit notwendiges Vertrauen aufzubauen.

 

Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals herzlich bei den Sponsoren des 4. Deutschen Marketing‐Innovations‐Tages bedanken.

4. Tagung

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