„Mediennutzung im digitalen Wandel: Chancen, Risiken und Lösungsansätze im Zeichen von Social Media, Cross Media & Co.“
Am 10.04.2014 veranstaltete die Wissenschaftliche Gesellschaft für innovatives Marketing (WiGIM) e.V. den 3. Deutschen Marketing-Innovations-Tag zum Thema „Mediennutzung im digitalen Wandel: Chancen, Risiken und Lösungsansätze im Zeichen von Social Media, Cross Media & Co.“ im Marmorsaal des Presse-Clubs in Nürnberg. Kompetente Referenten aus Wissenschaft und Praxis nahmen zu diesem Thema Stellung und zeigten den Status Quo und bisher gemachte Erfahrungen mit dem sich wandelnden Mediennutzungsverhalten von Konsumenten auf. Die knapp 70 Teilnehmer/-innen nutzten die Veranstaltung insbesondere, um neue Entwicklungen der Mediennutzung zu beleuchten und deren Bedeutung für Unternehmen, insbesondere für Anbieter, Medienunternehmen und Marktforschungsinstitute zu diskutieren.
Prof. Dr. Dr. h.c. Hermann Diller (Emeritus des Lehrstuhls für Marketing an der Universität Erlangen-Nürnberg und Schatzmeister der WiGIM) eröffnete den 3. Deutschen Marketing-Innovations-Tag mit der Begrüßung der Teilnehmer und einer kurzen Einführung in die Thematik der Digitalisierung von Medien. Danach übergab er das Wort an Prof. Dr. Andreas Fürst (Inhaber des Lehrstuhls für Marketing an der Universität Erlangen-Nürnberg und Präsident der WiGIM) für einen einleitenden Vortrag zum Thema „Die Mediennutzung im Wandel aus der Sicht der Wissenschaft: Neue Ansätze und Erkenntnisse“. In seinem Vortrag stellte Prof. Fürst den Wandel im Konsumverhalten vor und ging dabei insbesondere auf die Verschmelzung von On- und Offline-Welt ein. Anschließend präsentierte Prof. Fürst die aus diesem Wandel resultierenden Herausforderungen für die Medienbranche und für Werbetreibende. So muss in der Medienbranche Komplementarität von Angeboten und ein einheitlicher Auftritt über alle Kanäle hinweg geschaffen werden und den Usern die Mitgestaltung von Inhalten ermöglicht werden. Werbetreibende hingegen stehen vor der Herausforderung den Kommunikationsmix mit Hilfe von Paid, Owned und Earned Media zielgruppenspezifisch zu optimieren und kanalübergreifende Kommunikationskampagnen zu entwickeln, um Synergien zwischen den Kanälen zu nutzen.
Fernsehwerbung nach wie vor digitaler Spitzenreiter
Anschließend legten Gudio Modenbach (Geschäftsführer, SevenOne Media) und Gerald Neumüller (Director Research, SevenOne Media) in ihrem Vortrag „Alltag zwischen Multiscreen und Always-On“ dar, wie sich die Digitalisierung auf Menschen, Medien und das Marketing auswirkt. Trotz der Multioptionalität in der Auswahl der digitalen Geräte ist das Fernsehen nach wie vor der Spitzenreiter. Hierbei gewinnt jedoch die Parallelnutzung eines Second Screens an Bedeutung und erleichtert gleichzeitig die Interaktion mit dem Verbraucher. Anders als angenommen wird die TV-Werbewirkung durch die Parallelnutzung nicht gemindert, sondern die parallel unbewusst rezipierte Fernsehwerbung ist besonders effektiv. Somit wird deutlich, dass auch in Zeiten von Targeting und Internet rund um die Uhr große Reichweiten bedeutend sind und das Medium Fernsehen für eine erfolgreiche Marketingstrategie und einen hohen ROI das wirkungsstärkste Medium ist. Es stimuliert kurzfristig Abverkauf, garantiert durch seine große Reichweite Kontakt zu Personen mit Bedarfsmoment und entfaltet daneben auch Langfrist-Effekte die sich in Kundenloyalität niederschlagen.
Im Vortrag „Shitstorm vs. Gratulationsabteilung – Markenkommunikationin Zeiten von Facebook, Youtube &Co.“ erläuterte Björn Ognibeni (Geschäftsführer, Buzzrank) wie sich die Funktion von Marken entwickelt hat und zeigt die sich daraus ergebenden Herausforderungen der Markenführung und gibt Handlungsempfehlungen. Soziale Netzwerke, ihre großen Reichweiten und geringen Produktionskosten lassen eine spannende neue Medienbranche entstehen. Der Kunde möchte aktiv sein und partizipieren, was bisherige Marketingstrukturen herausfordert und vor diverse Probleme stellt. Durch neue Strukturen und Prozesse und ein Dialogteam, das alle Kundenkontakte überblickt, sowie einem neuen Geschäftsmodell bei dem es um Stories, Erlebnisse und Beziehungen geht, können Kundenbedürfnisse auch in der neuen Medienwelt befriedigt werden. Denn Dialog baut Beziehungen auf und erzeugt somit Fans der Marke. Zusätzlich sollte Social Media auch als Bühne der eigenen Fans genutzt werden, da Kundenfeedback nicht immer negativ sein muss, kann das Einrichten einer Gratulationsabteilung Kunden dazu motivieren, auch positives Feedback zu geben.
Crossmedialität von Printmedien
Dr. Jens Cornelsen (Geschäftsführer, defacto research & consulting) sensibilisierte in seinem Vortrag „Generation Facebook. Nur noch online?“ für die aktuelle Bedeutung und die Trends im Bereich der sozialen Netzwerke, aber auch auf die nach wie vor hohe Wirkungskraft von Printmedien. Auch in der Generation Facebook hat Print noch einen hohen Stellenwert. Print ist interessant und glaubwürdig und steigert durch seine Crossmedialität sowohl Offline- als auch Online-Traffic sowie die Umsätze in beiden Bereichen. Die Generation Facebook zeichnet sich durch Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein aus, sie entscheidet selbst, zu welchem Zeitpunkt, welches Medium am besten passt, sei es offline oder online. Da die Generation Facebook ihren Wert für die Unternehmen kennt, ist es eine besondere Herausforderung für Medienbranche und Werbetreibende, sich auf diese spezielle Zielgruppe einzustellen, die Kundenbedürfnisse zu kennen und zu befriedigen.
In seinem Vortrag „Mediennutzung im Wandel: Einblicke aus Sicht eines Medienunternehmens und Dienstleisters“ stellte Ingo Rübe (Director Development, Hubert Burda Media) aktuelle Medientrends vor. Da Kunden eine Vielzahl von Informationsquellen für eine Kaufentscheidung nutzen, liegt der Schlüssel einer gezielten Kundenansprache in der Nutzung verschiedener Kanäle (digital, mobile, offline, social). Dabei kommt einer effizienten Verknüpfung von Paid, Owned und Earned Media eine große Bedeutung zu. Als Beispiel nennt er McDonalds, die die Aufmerksamkeit der Kunden durch ein Quiz über die Website auf die Produkte lenkt, die Resultate des Quiz über Plakate und Poster vermarktet und letztlich große Resonanz auf sozialen Medien, wie Twitter oder Facebook, erhält. Die größte Herausforderung, laut Rübe, sei es jedoch, gute Werbeformen für das Online-Geschäft zu finden. Der Burda-Verlag konzentriert sich dabei auf das Content-Marketing, das heißt darauf, Produkte mit Inhalten zu bewerben. Ausreichend und vielfältigen Inhalt zu produzieren, der den Kunden fesselt, stellt die Kernaufgabe dieser Form des Marketing dar. Sein Fazit fasst er mit dem Zitat: „Jetzt beginnt die Ära der Inhalte“ zusammen.
Nachfolgend referierte Petra Nossek-Bock (Lesermarktentwicklung und Kooperationen, Nürnberger Nachrichten) über das Thema „Lesermarkt im Umbruch zwischen Print und Online“. In ihrem Vortrag nahm Nossek-Bock Bezug auf die Herausforderungen für klassische Printmedien. Die Marketingausrichtung der Nürnberger Nachrichten ist vor allem durch die Nähe zum Kunden geprägt und es wird vor allem das Kundensegment der über 50-Jährigen angesprochen. Doch die Referentin weist darauf hin, dass sich die Rolle der klassischen Tageszeitung verändere. Durch crossmediale Angebote und Zusatzgeschäfte sollen somit in Zukunft auch junge Lesergruppen stärker einbezogen werden. Hierzu gehören Email-Aktionen für E-Paper-Nutzer oder auch das „Projekt Klasse“, das Schüler auf die Tageszeitung aufmerksam machen soll. Mit diesen Aktionen stellen die Nürnberger Nachrichten sicher, auch junge Leser für das Medium Zeitung zu gewinnen und stellen sich zudem auf den fortschreitenden Wandel im Mediennutzungsverhalten ein.
Analyse der Customer Journey
Wolfhart Fröhlich (CEO, intelliAd) ging in seinem Vortrag „Dem Kunden auf der Spur – Multichannel Tracking in der Praxis“ auf neue Formen der multimedialen Kundengewinnung und -verfolgung ein. Als neutraler Technologieanbieter analysiert intelliAd das Nutzungsverhalten von Usern in off- und online Marketingkanälen vom ersten Berührungspunkt bis hin zum Kauf eines Produktes. Die Analyse dieser Customer Journeys helfen Unternehmen einzuschätzen, welche Kanäle zu welchem Zeitpunkt der Kaufentscheidung relevant sind und ermöglichen somit eine optimale Budgetverteilung. Fröhlich betont zudem, wie wichtig die Auswertung aller beteiligten Kanäle und deren Performance ist, da sich diese in der Praxis gegenseitig beeinflussen. So kann eine Offline-Werbung als Anstoß für Onlinekäufe dienen. Den TV-Aktivitäten kommt dabei eine steigende Bedeutung für die Online-Anbieter zu, da das Fernsehen als Second Screen nicht mehr nur Branding-Kanal ist, sondern häufig den Erst-Impuls im Kaufzyklus darstellt.
Abschließend ging Dr. Roland Werner (Global Head of Data & Technology, GfK) auf „Research 3.0: Marktforschung in Zeiten des digitalen Wandels“ ein. Durch die Digitalisierung ändert sich das Konsumentenverhalten weltweit. Die Informationsbeschaffung innerhalb von Entscheidungsprozessen erfolgt oftmals multimedial. Dieser Wandel schafft die Herausforderung für Unternehmen, sich neu auf das Verhalten der Kunden einzustellen. Dr. Werner sieht es als Aufgabe der Marktforschung an, unter Anwendung neuester Technologien in Kombination mit Data Science den Unternehmen Hilfestellung zu leisten. Zur Erforschung des Konsumentenverhaltens werden „User Centric Analysis“ durchgeführt, wobei der Kunde im Fokus steht. So werden mithilfe komplexer statistischer Methoden große Datenmengen zusammengeführt, um beispielsweise Einblicke in das mobile Nutzungsverhalten der Anwender gewinnen zu können.
Zum Ende rundete Prof. Diller die Veranstaltung mit der Zusammenfassung der Key Findings ab: Die Änderungen im Mediennutzungsverhalten im Hinblick auf Multi-Channel - und Cross-Media-Nutzung sind unaufhaltsam. Sie sind mit den meisten Geschäftsmodellen auf der Media-Ebene verbunden und haben somit direkte Auswirkungen auf Umsatz und Gewinn. Die Mediennutzung ist stark fragmentiert und äußerst dynamisch, was es aus Unternehmenssicht sehr viel schwieriger macht, sich auf diese einzustellen. Die dynamische Mediennutzung macht jede einzelne Customer Journey zu einem komplexen Konstrukt, mit Recherchetätigkeiten über vielfältigste Medien. Es bleibt für die Zukunft abzuwarten, ob sich die Push-Strategie durchsetzt und Unternehmen dem Kunden in alle Kanäle „nachlaufen“ oder ob die Pull-Strategie ebenso wirksam sein kann, bei der dem Kunden Portale und Plattformen zur Verfügung gestellt werden, auf welchen sich der Kunde aktiv informiert. Die Multi-Screen-Nutzung sowie die Aufmerksamkeit, die den einzelnen Medien geschenkt wird, muss zukünftig von Werbetreibenden beachtet werden. Der Content-Wettbewerb muss angegangen werden, da sich insbesondere durch die sozialen Medien Werbeinhalte verändern und häufig nicht mehr das Produkt, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht. Schließlich ist die Zukunft der mobilen Mediennutzung derzeit noch offen, da aufgrund der Werbeaversion auf Smartphones die Potenziale dieses Mediums aktuell noch nicht ausgeschöpft sind.
Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals herzlich bei den Sponsoren des 3. Deutschen Marketing‐Innovations‐Tages bedanken.